Wie ein Profi verhandeln – So geht’s:
1 Das erste Auftreten in der Verhandlung – denn der erste Eindruck zählt
Ob im Job bei Vertragsmodalitäten oder dem Gehalt, auf dem Flohmarkt auf Schnäppchensuche oder beim Autohändler auf Fahrzeugsuche, eine Sache ist gewiss: Ohne Verhandlung wirst du hier nicht weit kommen, tatsächlich wird es oft sogar erwartet. In manchen Kulturen wird richtiges Verhandeln regelrecht wie ein Volkssport behandelt. Somit ist Verhandlungsgeschick eine Eigenschaft, die dich in vielen Lebenslagen weiterbringt, vorausgesetzt du beherrschst sie.
Doch nicht nur in der Hitze der Verhandlung, sollte man einen kühlen Kopf bewahren, schon bereits vorher sollte man sich über die Verhandlung Gedanken machen. Denn bereits der erste Eindruck kann entscheiden. Hierbei geht es nicht um eine wissenschaftliche Herangehensweise, sondern um allgemein anerkannte gesellschaftliche Verhaltensweisen.
Offenes, aber dennoch bestimmtes Auftreten ist dabei ein zentraler Gesichtspunkt: Beim Begrüßen sollte man aufstehen und bestenfalls nicht sitzen bleiben. Der Händedruck ist wie eine Visitenkarte, denn ein starker Händedruck signalisiert Verhandlungsstärke. Während des Gesprächs solltest du eine offene und positive Körperhaltung bewahren, also nicht die Arme verschränken, dem gegenüber in die Augen sehen und aktiv zuhören. Interesse am gegenüber zu zeigen unterstreicht deine Verhandlungsbereitschaft und hilft in vielen Verhandlungssituationen.
Inhaltlich solltest du auf das Gespräch vorbereitet sein. Dazu solltest du im Vorhinein wichtige Informationen für deine Verhandlungsposition und hinsichtlich deines Verhandlungspartners in Erfahrung bringen. Ein klares Ziel und gegebenenfalls akzeptable Alternativen vor Augen zu haben, vereinfacht nicht nur für dich die Verhandlung, sondern demonstriert dem Gegenüber auch die Bereitschaft in die Verhandlung und das Verhandlungsverhältnis zu investieren.
Schließlich heißt es nicht umsonst, Verhandeln gleiche einem Schachspiel oder einem Tangotanz – ein Schritt vor, ein Schritt zurück – denn die wenigsten Verhandlungen verlaufen gradlinig. Deshalb ist es vorteilhaft, auf die möglichen Argumente des Verhandlungspartners vorbereitet zu sein. Dies erreichst du ebenfalls über eine gute Vorbereitung auf das Gespräch.
2 Vier zentrale Verhandlungsstrategien
Verhandeln kann man lernen und verschiedene Strategien können dich näher an dein Ziel bringen. Die zentralen Strategien stellen wir dir hier vor, denn wie bei einem Sachspiel, ist die Wahl der Richtigen Strategie von zentraler Bedeutung.
Grob unterteilt gibt es vier zentrale Verhandlungsstrategien, die von ihren konfrontativen bzw. integrativen Elementen geprägt werden:
- Druck/Konfrontation
- Partnerschaft/Kooperation
- Ausweichen/Passivität
- Nachgeben/Defensive
Die Verhandlungsstrategie „Konfrontation“ ist von einem klaren Machtverhältnis geprägt. Bezweckt wird das Erreichen eines Ziels gegen den Willen des Verhandlungspartners. Sie wird vor allem durch dominante Körpersprache, selbstbewusstes Auftreten, aber auch durch Drohungen und Wettbewerb ausgedrückt. Auch künstlich erzeugter Zeitdruck kann unter diese Strategie subsumiert werden.
Wenn du diese Strategie wählst, ist es auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Beziehung wichtig, stets diplomatisch zu bleiben. Dadurch lassen sich auch in juristischer Hinsicht – man beachte den Tatbestand der widerrechtlichen Drohung im Vertragsrecht – Probleme aus der Verhandlung im Nachhinein vermeiden.
Die Verhandlungsstrategie „Kooperation“ fußt auf dem Gedanken der gemeinsamen Ziele und Interessen. Im Fokus steht die Beziehung zum Verhandlungspartner und eine gemeinsame Annäherung an das Verhandlungsziel. Bei der Wahl dieser Strategie musst du dir bewusst sein, dass du an gewissen Punkten Zugeständnisse machen musst. Insbesondere geht es in dieser Strategie um Teilerfolge und weniger um den Gewinn der Verhandlung im Ganzen.
Eine Abspaltungsform des kooperativen Konzepts ist die Harvard Methode: Hier werden die Interessen besprochen, jedoch nicht die Ziele der einzelnen Positionen. Da ein derart offenes Vorgehen jedoch nicht in jeder Kultur oder Verhandlungssituation angebracht ist, gilt es hier den Nutzen, die Interessen offenzulegen, abzuwägen.
Die Strategie „Passivität“ ist keine Verhandlungsstrategie im eigentlichen Sinne, da sie nicht auf ein Ziel hinarbeitet, sondern eher einer Hinhaltetaktik gleicht. Die passive Rolle in der Verhandlung einzunehmen, führt selten zu einem messbaren Ergebnis, kann aber je nach Verhandlung eine sinnvolle Überlegung sein. Sie kommt zum Zuge, wenn beispielsweise die eigene Position nicht gefährdet werden soll, der Gegenüber jedoch auch in die Verhandlung integriert werden soll.
Die letzte Strategie der „Defensive“, spricht für sich selbst. Wenn es bereits im Vorhinein scheint, als sei man der Gegenseite unterlegen, kann nachzugeben unter Umständen eine sinnvolle Lösung sein. Aber Achtung: Wer einmal Zugeständnisse macht, von dem wird in der Regel auch zukünftig erwartet nachzugeben.
3 Verhandlungstaktiken und -techniken
Doch nicht nur allein die Auswahl einer Strategie, sondern auch deren Umsetzung ist von zentraler Bedeutung. Hierbei kannst du dir Taktiken und Techniken zu Nutze machen, die dich deinem Verhandlungsziel näherbringen können. Vier bekannte Verhandlungstaktiken und -techniken sind:
- Verzögerungen („Calculated Delay“)
- Das Ankern („Anchoring Effect“)
- Der Spiegeleffekt
- Schweigen und Fragen
Der sogenannte „Calculated Delay“ (zu Deutsch „berechnete Verzögerung“) kann ein hilfreiches Stilmittel für deine Verhandlungen sein. Ob es sich dabei um die Verzögerung des Verhandlungszeitraums handelt, um künstlich Druck aufzubauen oder eine Verzögerung der Annahme des verhandelten Ziels, eine geplante Verzögerung kann sich positiv auf deine Verhandlungssituation auswirken.
Das sogenannte „Anchoring“ (zu Deutsch „einen Anker setzen“) ist ein psychologischer Effekt, den du dir in einer Verhandlungssituation zu Nutze machen kannst. Der Effekt beschreibt die Tendenz, sich am ersten Stück Information, beispielsweise einem Preis oder einer Gehaltsvorstellung, zu orientieren. Somit ist es von Vorteil, das erste Angebot in den Raum zu werfen, welches den eigenen Vorstellungen entspricht. Denn es ist nachgewiesen, dass sich die folgenden Verhandlungen im Bereich dieses Angebots bewegen werden. Den Anker zu werfen ist somit ein guter Schachzug.
Der Spiegeleffekt, welcher auch unter dem Namen „Chamäleon-Effekt“ bekannt ist, ist ebenfalls ein Phänomen aus der Psychologie. Unter diesem Begriff wird das unterbewusste Nachahmen der Gestik, Mimik und Sprache des Gegenübers beschrieben. Dieses Nachahmen führt dazu, dass dich dein Verhandlungspartner ebenfalls unterbewusst als sympathischer und vertrauenswürdiger empfindet. Gleich und gleich gesellt sich eben gern, auch in Verhandlungssituationen.
Die Verhandlungen haben sich festgefahren und der weitere Weg scheint aussichtlos? Zwei sich entgegengesetzte Verhandlungstaktiken, die in solchen Situationen Abhilfe schaffen können, sind das Schweigen und das Fragen.
- Reden ist Silber, doch Schweigen ist Gold. Dieses Mantra kann sich in einer Verhandlung bezahlt machen. Zum einen ist plötzliches Schweigen unüblich und versetzt viele Menschen in Unbehagen, andererseits gibt es Zeit, den Argumentationsstrang nochmals zu überdenken und gegebenenfalls zu adjustieren.
- Das aktive Fragenstellen hingegen kann auch genutzt werden, um verfahrene Argumentationsstandpunkte zu lösen. Gezielt offene oder geschlossene Fragen in diesen Situationen in die Verhandlung einzubringen gibt dem Verhandlungspartner die Möglichkeit, seinen Standpunkt ebenso gezielt zu überdenken und gegebenenfalls zur Einsicht zu führen. Zudem erhältst du so weitere Informationen, die den Gang der Verhandlung beeinflussen können.
Jeder kann verhandeln, mit unseren Tipps kannst du jedoch zum besten Verhandler werden. Natürlich sollte jede Strategie und Taktik mit Vorsicht angewandt werden, und manchmal erweist sich auch ein Strategiewechsel als sinnvoll. Um Flexibilität und Authentizität in der Verhandlung zeigen zu können, gilt also: Übung macht den Meister!